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Exist Immortal – Breathe

“Ein atemberaubendes Label-Debüt”

Artist: Exist Immortal

Herkunft: London, Großbritannien

Album: Breathe

Spiellänge: 46:20 Minuten

Genre: Modern Metal, Progressive Metal, Metalcore

Release: 28.10.2016

Label: Primordial Records

Link: https://www.facebook.com/existimmortal

Bandmitglieder:

Gesang – Meyrick de la Fuente
Gitarre – Kurt Valencia
Gitarre – James Hewitt
Bassgitarre, Gesang – David Billote
Schlagzeug – Charlie Bines

Tracklist:

  1. Saviour
  2. In Hindsight
  3. Invisible Lines
  4. Misconduct
  5. Follow Alone
  6. Erode
  7. Escape
  8. Lucid
  9. Breathe
  10. Release
  11. Chi

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Exist Immortal, 2011 u.a. von Kurt und David zu Studienzeiten gegründet, mit Besetzungswechseln an Schlagzeug und Gitarre, scheinen nun die perfekte Zusammensetzung gefunden zu haben. Zumindest kann man das annehmen, wenn man die vorliegende Platte einmal von Anfang bis Ende genießen konnte.

Doch zuerst kurz ein paar Einblicke in die Bandhistorie bzw. die Entstehungsgeschichte des Albums. Denn seit der Bandgründung vor fünf Jahren war man alles andere als untätig. Drei EPs und ein Album sind schon ein beachtlicher Output dafür, dass die Band bisher ohne Label gearbeitet und Sänger Meyrick die Songs in Eigenregie abgemischt hat. Vom letzten Album Darkness Of An Age, das es auch als Deluxe-Edition mit vier neuen Tracks auf der Bandcamp-Seite der Jungs gibt, sind laut Meyrick noch Ideen übriggeblieben und so knüpft das Songwriting für den zweiten Longplayer quasi nahtlos an den vorangegangenen an. Für das neue Album Breathe konnte man das neu gegründete Independent Label Primordial Records aus Tilburg in den Niederlanden gewinnen. Bisher sind Exist Immortal auch der einzige Act, der dort vertreten ist und alle Konditionen schienen wohl perfekt und fair, gibt die Band im Videointerview auf dem diesjährigen Euroblast in Köln mit Time For Metal an.

Was sich die Holländer da ins Haus geholt haben, dem wollen wir nun über elf Songs einmal genauer auf den Grund gehen.

Exist Immortal @ Euroblast XII
Exist Immortal @ Euroblast XII

Saviour ist der Opener der Platte und drückt schon ordentlich nach kurzem, einstimmenden Intro. Meyrick zeigt hier direkt, wo der Hammer hängt, bevor er auch mit seinen Clean-Vocals mit einer beachtlichen Oktavspannweite voll und ganz überzeugen kann. Ein paar Synthie-Effekte lässt sich die Band auch nicht nehmen. Was mir sofort in den Kopf kommt: Uneven Structure, Circles, Textures. Und ohne die Bands 1:1 zu kopieren, fährt das Quintett wirklich gut mit ihrer Mischung aus progressiven Grooves, teils djenty Gitarrenriffs und catchy Hooks, die auch gerne (mindestens) zweistimmig interpretiert werden.

In Hindsight ist ein flächiges, breit aufgestelltes Stück Epik, in dem sowohl Grooves, Gitarrensoli, Halftime-Parts und schöne Picking-Melodien ihr Zuhause gefunden haben. Invisible Lines als Uptempo-Nummer ist das Inkasso Moskau der Platte, bricht mit der Freundlichkeit und sorgt für ein paar blaue Augen und gebrochene Nasen. Die gekonnte Brachialität der Growls erinnert zeitweise an Jesse Leach von Killswitch Engage. Schicke flinke Arpeggios von James und Kurt stützen Meyricks Gesanglinien. Misconduct tritt dem am Boden Liegenden noch einmal als kleine Erinnerung in die Magengrube und tätschelt ihm freundlich aber bestimmt den lädierten Schädel. Die Growls können sich mit denen von Peripherys Spencer Sotelo ebenbürtig messen. Follow Alone ist die erste Auskopplung des Albums gewesen und eines der epischsten und melodiereichsten Stücke der Platte, dessen Intro harmonisch an Jetpacks Was Yes von Periphery erinnert. Passenderweise drehte man das Video auf der grünen Heide in den Hügeln Englands. Das Hauptriff kommt unkompliziert, aber stimmig und charakteristisch.

Interessanterweise setzt die Band direkt daran anknüpfend die zweite Auskopplung Erode, der auch ein Musikvideo spendiert wurde, das wiederum nicht in den Hügeln, sondern am Wasser, genauer gesagt, am Meer spielt. Die Band erklärte im Interview, dass das Vorgängeralbum ein klaustrophobisches Gefühl erzeugen könnte und mit Breathe wolle man allem mehr Raum geben und Weite schaffen. Spätestens nach den beiden Tracks sollte das beim Hörer angekommen sein.

Escape überzeugt im Intro mit spannenden rhythmischen Phrasierungen, über die Meyrick seine straighten Clean-Vocals legt und dem Hörer ein wenig dabei hilft, der Struktur zu folgen. Im Hintergrund der Strophenparts bauen surrende Gitarren über einfache Melodien ein sphärisches und raumgreifendes Gerüst. Schön: Der Break mit reduzierten Gitarren und angezerrtem Bass von David im harmonischen Einklang mit Charlies Drumpattern.

Lucid startet hektisch und polyrhythmisch, bekommt aber auch seinen ganz eigenen Epik-Stempel aufgedrückt, untermauert von leichtem, kaum wahrnehmbaren Klavierspiel. Der Titeltrack Breathe besitzt einen ähnlichen Charakter wie Erode und Follow Alone, viel Raum und durch das auf den hohen Saiten intonierte Haupt-Riff ein wenig mehr Leichtigkeit als bei einigen der anderen Tracks – zumindest bis der Song zur Mitte hin dann von groovenden H-Saiten-Flutwellen überrollt wird, nach denen eine gewisse Leichtigkeit zurückkehrt. Anders hätte es auch nicht laufen dürfen, denn mit dem vorletzten Song Release präsentiert die Band den entspanntesten und harmonischsten Song des Albums. Verhallte Gitarren, Cello-Sounds, Klavierlinien wie Sommerregen, eine beinahe jazzige Lead-Gitarre leiten Song Nummer 10 ein und weichen kurz einem kleinen Gefühlsausbruch. Das Outro mutet wie eine utopische Traumsequenz an, erschaffen aus flächendeckenden Synthies, großen Melodien an Mikro und Gitarren und leitet harmonisch in die abschließende Nummer Chi, die noch einmal bedrohlich die Keule schwingen darf. “Are you running from the truth within your life? You’re living under the thumb.”, fragt Meyrick beinahe mahnend. Aus den Melodieparts heraus geht’s dann aber auch abschließend in tiefe, atonale Tritonus-Passagen, die eine gewisse Bedrohlichkeit erzeugen und erst im letzten Moment von einem dumpfen Gitarren-Klavier-Duett abgelöst werden. Vielleicht ein Hinweis auf das nächste Album oder eine Reminiszenz auf das vorangegangene. Tief Luft holen und durch.

Bisher wurden zu folgenden Songs Videos veröffentlicht:

Erode:

Follow Alone:

Zu erwerben ist Breathe neben den üblichen (Online-)Shops und Streamingdiensten auch direkt beim Label als Digipack und/oder Bundle mit Shirt:

http://primordialrecords.limitedrun.com/

Die Band supported Affiance auf zwei ihrer Tourdates in Deutschland im November und wird hoffentlich auch beim Euroblast 2017 spätestens wieder hierzulande gastieren:

exist-immortal-affiance-tour

18.11.2016: München, Garage Deluxe https://www.facebook.com/events/1009952172449133/

19.11.2016: Bad Dürkheim, Jukib https://www.facebook.com/events/319561905078336/

Weitere Details über die Band, ihre Tourerlebnisse sowie die neue Platte findet ihr zudem im Videointerview auf unserer Seite.

Fazit:

DE

Exist Immortal haben mit “Breathe” einen starken zweiten Longplayer und erstmals unter dem Dach eines Labels vorgelegt, der sich in Sachen Songwriting nicht hinter einschlägigen Szenegrößen verstecken muss. Versierte Instrumentalisten, ein hochgradig talentierter Sänger und abgestimmte Arrangements bilden ein solides Grundgerüst, das trotz der dominierenden Harmonien nicht langweilig wird. Wer eine ausgewogene Mischung aus Komplexität und Eingängigkeit sucht, der wird hier definitiv fündig. Weniger vertrackt als Uneven Structure oder Vola, aber ähnliche Ansätze, instrumentale Polyrhythmen mit straighten Vocals zu kombinieren bilden hier die Essenz. Das Thema, über akustische Mittel Weite zu schaffen und Raum zum Atmen, ist recht gut getroffen, auch wenn das disharmonische Outro des letzten Tracks dieses Gefühl wieder ein wenig reduziert. Im Gesamten fällt dieser Umstand jedoch kaum ins Gewicht. Verglichen mit den klaren Gitarrenparts scheint allein die Stimme gelegentlich etwas dumpf und wenig klar im Mix. Das ist schade, da Meyrick wirklich herausragende Ideen charakteristisch gekonnt umsetzt.

ENG

With “Breathe” Exist Immortal have created a strong second longplayer for the first time under the distribution of a label, which mustn’t hide behind behind the typical kings of the scene regarding songwriting. Experienced instrumentalists, a highly talented singer and well thought-out arrangements form a solid basic framework that doesn’t become boring despite the dominant harmonies. If you are looking for a balanced mixture of complexity and catchiness, you will definitely find it here. Less complicated than Uneven Structure or Vola, but similar approaches to combine instrumental polyrhythms with straight vocals form the essence here. The theme of creating acoustic wideness and space to breathe is quite well achieved, even if the disharmonic outro of the last track reduces that feeling a bit. On the whole, however, this circumstance is hardly significant. Compared to the clearer guitar parts, the voice seems to be slightly dull and less brilliant in terms of brightness in the mix. This is a pity, since Meyrick offers truly outstanding ideas characteristically and skilled.

Anspieltipps: Saviour, Erode, Release
Sebastian S.
9
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